Steuerfuchs Oktober 2013 - page 1

KommR MMag. Gerhard Pirklbauer, MBA
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater
Unternehmensberater
Zwei Jahre Finanz-
polizei
Mit Wirkung vom 1.1.2011 wurde als
Ersatz fürdieKIAB (Kontrolle illegaler
Arbeitnehmerbeschäftigung) die Fi-
nanzpolizei als bundesweite zentral
gesteuerte Organisationseinheit ein-
geführt. Um die Schlagkraft zu erhö-
hen, wurde mit Wirkung 1.7.2013 bei
jedem Finanzamt eine eigene Dienst-
stelle eingerichtet.
Die Finanzpolizei kommt generell un-
angemeldet („überfallsartig“) und hat
neben den
abgabenrechtlichen Auf-
gaben
(Nachschau, Prüfung der Ein-
haltung abgabenrechtlicher Vorschriften
etc.) und
ordnungspolitischen Aufga-
ben
(Ausländerbeschäftigungsgesetz,
Prüfung der Meldungen im Sozialversi-
cherungsrecht, Gewerbeordnung, So-
zialbetrug etc.) auch noch
abgeleitete
Aufgaben
(Erhebungen für Abgaben-
und Strafbehörden etc.). Das heißt, die
Finanzpolizei hat gleichzeitig nach zahl-
reichen unterschiedlichen gesetzlichen
Grundlagen und Verfahrensvorschriften
zu handeln.
Die kleinen und mittleren Unternehmer
sinddamitmaßlos überfordert undbrau-
chen zur Abklärung der umfangreichen
Fragen und Problemstellungen einen
Rechtsbeistand und Vertreter. Da die
Schwerpunkte meist im Bereich des
Abgabenrechtes liegen, wäre dafür der
Steuerberater ein logischer Ansprech-
partner. Kurios dabei ist, dass der Steu-
erberater vor allem in abgabenrecht-
lichen Angelegenheiten vertreten darf,
jedoch bei sonstigen weiteren Amts-
handlungen der Finanzpolizei „beschnit-
ten“ bzw. ausgeschlossenwird, daer für
zahlreiche Tätigkeiten der Finanzpolizei
kein Vertretungsrecht besitzt. Unseres
Erachtens wird hier nicht mit gleichen
„Waffen“ gekämpft bzw. entspricht
diese Vorgangsweise nicht dem von der
Finanzverwaltung geforderten Fair Play.
Seitens der Kammer der Wirtschaft-
streuhänder (KWT) wurde im Juni 2013
einWahrnehmungsbericht veröffentlicht,
der auch die Vorgangsweise und die
Praxis der Finanzpolizei untersuchte.
Dabei wurden seitens der KWT verfas-
sungsrechtliche Bedenken angemeldet,
da die Finanzpolizei einerseits sowohl
als Wachkörper als auch als Behörde
im Bereich des Abgabenrechts agiert
und andererseits durch umfangreiche
Rechte, wie insbesondere Anhalte- und
Betretungsrechte bzw. Festnahme bei
illegaler Beschäftigung, stark in die Per-
sönlichkeitsrechte eingreift.
Bei dieser Untersuchung wurden bei-
spielhaft folgende Mängel aufgezeigt:
mangelnde Rechtsbelehrung (vor allem
zum Rechtsgrund bzw. zum Wechsel
der Rechtsgrundlage und seiner Rech-
te und Pflichten), mangelhafte Aus-
weisleistung (keine Bekanntgabe des
Einsatzgrundes), Auftreten der Finanz-
polizeimitarbeiter, unverhältnismäßige
und „überfallsartige“ Vorgangsweisen,
mangelhafte Rücksichtnahme auf den
laufenden Geschäftsbetrieb und vor
allem Vorenthalten der Möglichkeit, ei-
nen Rechtsbeistand bzw. steuerlichen
Vertreter zu kontaktieren.
Im Interesse des Rechtsschutzes wäre
naheliegend, dass der Steuerberater
als erster Ansprechpartner des Unter-
nehmers, neben demRechtsanwalt, bei
Kontrollen durch die Finanzpolizei über
eine uneingeschränkte Vertretungsbe-
fugnis für alle Handlungen der Finanz-
polizei verfügt. Es entspräche auch dem
Grundsatz vonFairPlay,wennderSteu-
erberater als ständiger Vertreter und
Berater des Steuerpflichtigen bei allen
Handlungen der Finanzpolizei unabhän-
gigagierenundvertretenkönnte.Hier ist
der Gesetzgeber dringend gefordert, die
berufsrechtlichen Voraussetzungen für
denSteuerberater zu schaffen.
Es ist für jeden ordentlichen Staatsbür-
ger unbestritten, dass Kontrolleinsätze
durch Organe der Finanzverwaltung
zur Sicherung der Rechtmäßigkeit und
Gleichmäßigkeit der Besteuerung und
zur Verhinderung von Abgabenhinter-
ziehungen grundsätzlich notwendig und
sinnvoll sind. Es sollte aber keinesfalls
unverhältnismäßig sein bzw. das über
viele Jahre hinweg entwickelte Vertrau-
en zwischen Finanz, Steuerberater und
Steuerpflichtigen zerstört werden bzw.
die Generalprävention zur Steuerehr-
lichkeit darunter leiden.
Sollte Sie die Finanzpolizei besuchen,
empfehlen wir umgehend mit uns Kon-
takt aufzunehmen.
Steuer- undWirtschaftsinformation
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AusgabeOktober 2013
Zwei JahreFinanzpolizei
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bei Vorliegeneiner „Krise“ erweitert
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